Krankenversicherung in Österreich: Das musst du wissen

Finanzfluss Team
Finanzfluss Team
Stand: 14. April 2021
Die gesetzliche Krankenversicherung in Österreich schließt fast die gesamte Bevölkerung (alle Bewohnerinnen und Bewohner mit legalem Einkommen) ein und bietet eine umfassende, gesundheitliche Grundversorgung. Ein Nachteil ist jedoch die Komplexität des gesamten Systems. Wir haben daher für dich zusammengefasst, wie die staatliche Krankenversicherung funktioniert, welche Leistungen sie konkret stellt und in welchen Situationen es vorteilhafter ist, auf eine private Zusatzversicherung zu setzen.

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Was du wissen solltest
  • 99,9% der österreichischen Wohnbevölkerung sind durch die gesetzliche Krankenversicherung geschützt. (Stand 01/2021) Zu unterscheiden ist hier zwischen Pflichtversicherten, mitversicherten Angehörigen und freiwillig Versicherten.
  • Die gesetzliche Krankenversicherung deckt alle medizinisch unbedingt nötigen Leistungen ab, wobei teilweise Selbstbehalte zu bezahlen sind.
  • Angestellte sind in der Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) versichert, für Bauern und Selbstständige sowie Beamte und einzelne andere Berufsgruppen gibt es getrennte Versicherungsträger. Die Leistungen unterscheiden sich teilweise.
  • Mit zusätzlichen privaten Krankenversicherung können umfangreiche Kosten, die durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht übernommen werden, abgesichert werden.

So funktioniert die Krankenversicherung in Österreich

Die gesetzliche Krankenversicherung in Österreich ist eine Pflichtversicherung und deckt sehr breite Leistungen ab. Wer krankenversichert ist, erhält die sogenannte E-Card und zeigt diese bei Behandlungen vor. Abhängig davon welcher Berufsgruppe du angehörst, fallen bei bestimmten Behandlungen Selbstbehalte an. Diese liegen typischerweise im Bereich von 10-20%.

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Anmerkung

Doch es gibt auch Leistungen, die nicht von der Krankenkasse gedeckt sind. Diese müssen dann vollständig privat bezahlt werden. Wenn du dir unsicher bist, solltest du daher vor einer Behandlung immer abklären, welche Kosten damit verbunden sind und ob es sich um eine Kassenleistung handelt.

Vor einem Arztbesuch solltest du außerdem beachten, ob die Ärztin bzw. der Arzt einen Kassenvertrag hat. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Behandlung von deiner Krankenkasse übernommen wird und nicht privat bezahlt werden muss. Wenn du hingegen zu einem Wahlarzt (Privatarzt ohne Vertrag mit der gesetzlichen Krankenkasse) gehst, musst du die Kosten zuerst vor Ort selbst bezahlen. Die Rechnung des Arztes kannst du anschließend bei der Krankenkasse einreichen (das ist online möglich). So erhältst du nachträglich eventuell zumindest einen geringen Teil der Kosten erstattet.

Angehörige, also Kinder und Ehe- und Lebenspartner oder -partnerin oder Angehörige, die im selben Haushalt leben, können mitversichert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die mitversicherte Person ihren Hauptwohnsitz in Österreich hat und keine andere Krankenversicherung besteht. Die Person, bei der die Mitversicherung erfolgt, muss selbst in Österreich pflichtversichert sein oder eine freiwillige Selbstversicherung abgeschlossen haben. Pflichtversichert bist du beispielsweise auch dann, wenn du beim AMS (“Arbeitsmarktservice”, Dienstleistungsunternehmen, welches die die Funktion einen öffentlich-rechtlichen Arbeitsamtes erfüllt) arbeitslos gemeldet bist. Somit sind die Hürden für die Mitversicherung eines Angehörigen sehr gering.

Wie hoch sind die Beiträge der Krankenversicherung in Österreich? 

Jeder und jede versicherungspflichtige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin zahlen Sozialversicherungsbeiträge. Diese Zahlungen an die Sozialversicherung umfassen unterschiedliche Bestandteile und werden zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer aufgeteilt. Diese Abgaben beinhalten neben der Krankenversicherung z.B. auch die Beiträge zur Pensionsversicherung und der Arbeitslosenversicherung. Einen Teil der fälligen Beträge führt der Dienstgeber direkt ab, der Rest wird dem Dienstnehmer vom Bruttolohn abgezogen – dabei handelt es sich um ca. 18% des Bruttoeinkommens.

Ab wann beginnt die Versicherungspflicht?

Versicherung von Angestellten, Mindest- und Höchstbeitrag

Bei Angestellten und Arbeitern müssen die Dienstgeber die Anmeldung ab dem ersten Tag des Dienstverhältnisses vornehmen. Doch auch, wer gerade beim AMS gemeldet ist, erhält den Schutz der Krankenversicherung. Die Versicherungspflicht beginnt ab einem monatlichen Einkommen von rund 470€. 

Gleichzeitig gibt es einen maximalen Betrag von 4.860€ pro Monat, der als Höchstbemessungsgrundlage dient. Einkommen, das über diesen Betrag hinausgeht, wird somit nicht mehr der Sozialversicherung unterworfen. 

Mitversicherung von Studierenden

Studierende, die keiner Arbeit nachgehen und somit unter der Einkommensgrenze liegen, können sich entweder freiwillig selbst versichern oder bei Angehörigen mitversichert bleiben. Diese Mitversicherung ist kostenlos und daher entsprechend beliebt. Achtung bei Sommerjobs: Diese führen dazu, dass vorübergehend die Versicherungspflicht eintritt, sobald das Unternehmen die Anmeldung bei der Versicherung vornimmt. Danach kann wieder in die Mitversicherung gewechselt werden.

Versicherung für Pensionisten

Pensionistinnen und Pensionisten führen rund 5% der Bruttopension an die Krankenkasse ab.

Versicherung der Selbstständigen

Bei Selbstständigen ist die Berechnung der Sozialabgaben etwas komplizierter, denn sie müssen schließlich alle Beiträge, die sonst Dienstgeber und Dienstnehmer untereinander aufteilen, selbst an die zuständige Sozialversicherungsanstalt für Selbstständige (SVS) abführen. Als grober Richtwert gilt, dass die Summe der Sozialabgaben für Selbstständige rund 28% des Einkommens vor Steuer ausmacht. Wer beispielsweise einen Jahresüberschuss von 50.000€ vor Steuer erzielt, kann als ungefähre Rechnung davon 28% abziehen, wobei diese Abgaben dann die Steuerbemessungsgrundlage reduzieren.

Krankenversicherung nach Beruf

Nach einer Reform sind zahlreiche Versicherte nun unter der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) versichert. Davon getrennt besteht die Versicherungsanstalt für Selbstständige (SVS), die auch Bauern einschließt. Es gibt noch weitere eigenständige Institute, die für einzelne Berufsgruppen weiterhin fortbestehen, etwa für Beamte und den Bergbau.

Österreichische Gesundheitskrankenkasse 

Die 2020 neue eingeführte Österreichische Gesundheitskrankenkasse (ÖGK) ist nun für all jene Versicherte zuständig, die früher bei den Gebietskrankenkassen versichert waren. Dazu zählen unselbstständig Erwerbstätige und Pensionistinnen und Pensionisten, jedoch nicht Beamte und Landwirte.

Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) & Krankenfürsorgeanstalt (KFA)

Beim Vorhaben, die Anzahl der Krankenkassen zu reduzieren, hat die Politik die eigenständige Anstalt für Beamte nicht angetastet. Diese Versicherungsanstalt schließt auch jene Menschen ein, die im Bergbau tätig sind, wenngleich deren Anzahl konstant sinkt. Wer hier versichert ist, genießt einige Privilegien. So müssen etwa Selbstständige bis zu 20% Selbstbehalt bezahlen, öffentliche Bedienstete hingegen maximal 10%.

Sozialversicherungsanstalt für Selbstständige (SVS)

Die SVS umfasst alle selbstständig tätigen Personen, Gewerbetreibende und Freiberufler, die zuvor in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) versichert waren. In der Praxis ändert sich für sie durch die Umstellung auf die SVS nichts. Ebenfalls bei der SVS versichert sind alle selbstständigen Land- und Forstwirte, die zuvor in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) versichert waren.

Selbstversicherung: Freiwillige Krankenversicherung

Die freiwillige Selbstversicherung ist nur in wenigen Fällen nicht nötig. Sie sollte abgeschlossen werden, wenn keine andere Option zur Versicherung besteht, also wenn du nicht unter einen der folgenden Punkte fällst:

  • Eigenes Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze

  • Beim AMS als arbeitslos gemeldet

  • Bei Angehörigen besteht die Option zur Mitversicherung

In der Praxis kann das der Fall sein, wenn du keine nahen Angehörigen hast, bei denen du mitversichert werden kannst, du studierst und dein Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze (derzeit, Stand 03/2021, ca. 470€ / Monat) liegt.

Die Kosten für die Selbstversicherung liegen bei rund 455€ / Monat. Wer sich in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, kann allerdings einen Antrag auf Herabsetzung dieser Kosten stellen. So können individuelle Lösungen, z.B. für Alleinerziehende oder Geringverdienende, gefunden werden. 

Krankenversicherung für Studenten

Für Studierende gibt es im Zuge der Selbstversicherung einen reduzierten Beitragssatz von rund 65€ pro Monat. Alternativ dazu ist es in den meisten Fällen möglich, die Option der Mitversicherung zu wählen, durch die dann keine zusätzlichen Kosten anfallen.

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Anmerkung

Die Mindeststudiendauer darf nicht ohne wichtigen Grund mehr als vier Semester überschritten werden, sonst besteht kein Anspruch mehr auf den reduzierten Beitragssatz.

All jene Studierende, die mehr verdienen als die Geringfügigkeitsgrenze ausmacht, sind ohnehin über die Pflichtversicherung geschützt.

Krankenversicherung für Ausländer

Wer nur kurz in Österreich zu Gast ist, muss keine eigene Versicherung abschließen. Doch wenn du dauerhaft in Österreich bleiben möchtest, kann eine Mitversicherung angestrebt werden. Dazu müssen bestimmte Unterlagen (Heiratsurkunde, Aufenthaltstitel, etc.) vorgelegt und ein Antrag gestellt werden. Wenn Personen aus dem EU-Raum in Österreich studieren sind sie krankenversichert, sofern sie in ihrer Heimat einer Pflichtversicherung unterliegen.

Für Staatsangehörige, deren Heimat nicht die EU ist, werden zusätzliche Dokumente eingefordert (z.B.: Bestätigung, dass in der Heimat keine Versicherung mehr besteht).

Krankenversicherung bei Grenzgängern

Menschen, die mindestens wöchentlich die Grenze zwischen Heimatstaat und Nachbarland überqueren, weil sie in einem anderen Land arbeiten, werden „Grenzgänger“ genannt. Sie sind immer dort versichert, wo sie arbeiten und können sich aber auch in ihrer Heimat behandeln lassen. Ein paar Punkte musst du beachten:

  • Wenn du in Deutschland lebst, aber in Österreich arbeitest und krank wirst, kann die ÖGK eine Arztbestätigung einfordern.

  • Wenn du z.B. in Oberösterreich wohnst, aber im Ausland arbeitest, musst du bei ÖGK einen Antrag stellen, um weiterhin entsprechenden Versicherungsschutz zu genießen.

Welche Leistungen bietet die gesetzliche Krankenkasse?

Im Großen und Ganzen sind die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse auf all jene Behandlungen beschränkt, die medizinisch eindeutig nötig sind. Unterschiede gibt es etwa beim Selbstbehalt. Unselbstständig tätig Personen kommen mit 10% Selbstbehalt aus, Selbstständige hingegen müssen den doppelten Satz einplanen, außer sie lassen sich jährlich untersuchen und erreichen bestimmte Gesundheitsziele.

Durch die gesetzliche Krankenversicherung ist für verschriebene Rezepte nur die Rezeptgebühr von 6,50€ zu bezahlen. Komplexer ist die Auszahlung von Krankengeld. Grundsätzlich müssen Dienstgeber den Dienstnehmern ihr Gehalt im Krankheitsfall weiterbezahlen. Vom 4. Bis zum 42. Krankheitstages werden 50, danach 60% der Bemessungsgrundlage (= sozialversicherungspflichtiger Bruttolohn) ausbezahlt. Schlechter sieht es auch hier für Selbstständige aus, sie bekommen erst ab dem 43. Tag Krankengeld, obwohl sie auch bereits beim Selbstbehalt schlechter gestellt sind.

Eine Gemeinsamkeit aller Versicherten ist, dass die Möglichkeit besteht sich einer Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen. Diese ist kostenlos und ein gesundheitlicher Rundum-Check. 

Für Frauen, die in Mutterschutz gehen, bietet die Krankenversicherung das sogenannte „Wochengeld“. Diese Ausgleichszahlung sorgt dafür, dass im Zeitraum des Mutterschutzes das Einkommen am bisherigen Level des Nettolohns bleibt. 

Bei Spitalsaufenthalten werden die Kosten von der Krankenkasse getragen, außer es handelt sich um medizinisch nicht zwingend nötige Eingriffe wie z.B. Schönheits-OPs.

Bei diversen Leistungen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse nur einen Teil der Kosten – sei es der Wahlarztbesuch oder die Psychotherapie.

Welche Leistungen bietet die gesetzliche Krankenkasse nicht?

Bei vielen anderen Behandlungen, gerade auch bei jenen, die aus rein medizinischer Sichtweise nicht zwingend nötig sind, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse keine Kosten. Das gilt beispielsweise für homöopathische Behandlungen und tiergestützte Therapien, ebenso für alternative Behandlungsmethoden wie Klang- oder Kunsttherapie.

Selbst bezahlt werden müssen auch Atteste und ärztliche Gutachten, wenn diese beispielsweise für einen Pensionsantrag benötigt werden. Nicht übernommen werden diverse Arten von kosmetischen- und schönheitschirurgischen Eingriffen.

Zahlt die Krankenkasse (Psycho-)Therapien?

Die typisch österreichische Antwort auf diese Frage lautet: Es kommt darauf an. Konkret nämlich darauf, welches Krankheitsbild tatsächlich vorliegt. Abhängig davon, übernimmt die Krankenkasse anschließend einen Teil der Kosten. Das gilt gleichermaßen bei Psycho- wie auch bei Physiotherapie. Voraussetzung ist, dass es eine entsprechende Überweisung gibt. 

Für Behandlungen im Bereich der Logopädie ist das Grundprinzip ähnlich: Auch hier ist eine Überweisung nötig, jedoch ist diese Art von Sprachtherapie oft mit einem hohen Selbstbehalt verknüpft. Teilweise werden in Schulen jedoch speziell Logopäden und Logopädinnen eingesetzt, um Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit einer logopädischen Unterstützung ohne zusätzliche Kosten bieten zu können.

Zahnbehandlung und Zahnersatz: Das zahlt die Krankenkasse

Medizinisch nötige Zahnbehandlungen werden von der Krankenkasse übernommen. Zahnersatz hingegen wird genauer geprüft, hier muss die Notwendigkeit tatsächlich unausweichlich gegeben sein, ansonsten müssen die Kosten selbst übernommen werden. Mund- und Zahnhygiene müssen ebenfalls privat bezahlt werden. Auch im Zahn-Bereich ist somit klar erkennbar: Die Krankenkasse deckt die unvermeidbaren Leistungen ab, jedoch nichts darüber hinaus.

Übernimmt die Krankenkasse eine Brille?

Brillen  sind eine häufige, medizinisch nötige, Investition. Von der Krankenkasse werden sie allerdings nur in den seltensten Fällen bezahlt. Häufig werden anteilig 10% der Kosten übernommen. Kinder haben bessere Chancen als Erwachsene, besonders schlecht sieht es für Selbstständige aus.

Nur, wer sehr viel Dioptrien hat, kann mit Unterstützung rechnen, wobei die Krankenkasse dann mineralische Brillengläser bezahlt. In der Praxis ist es daher so, dass Brillen nahezu immer selbst finanziert werden (müssen), da die meisten Menschen gleich eine hochwertigere Brille kaufen möchten oder sich das ein oder andere Extra (Entspiegelung, etc.) wünschen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Leistungen bietet die gesetzliche Krankenversicherung?

Ab wann zahlt die Krankenkasse Krankengeld?

Was zahlt die Krankenkasse bei Zahnersatz?

Zahlt die Krankenkasse eine Psychotherapie?